Israel, Palästina 6. Tag

6. Tag: Herodion, Hebron und Bethlehem im Westjordanland
Aufstieg zum Herodion mit herrlichem Ausblick, Gang durch den Markt und Besuch Abrahams Grab in Hebron, zum Abschluss Bethlehem mit den Hirtenfeldern und der Geburtskirche. Übernachtung in Bet Jala.

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Das Herodion ist eine Palast- und Festungsanlage, die von Herodes dem Großen in der Zeit 24-12 v. Chr. erbaut wurde. Das obere Drittel des Berges wurde zum Bau der Anlage künstlich erhöht. Während des jüdischen Aufstandes gegen die Römer wurde das Herodion im Jahre 71 n. Chr. zerstört.

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Aussicht von der Spitze des Herodions ins karge Umland.

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Mit vier starken Turmanlagen und einer kreisrunden Mauer war das Herodion auf der Bergspitze befestigt. Im Untergrund befinden sich Gänge und Zisternen, die man heute noch begehen kann. Seit 1950 wird hier ausgegraben. Die Anlage gehört zu einem israelischen Naturreservat und wird von den Israelis verwaltet, obwohl sie sich im autonomen Westjordanland befindet.

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In der Bildmitte eine israelische Siedlung mitten im autonomen palästinensischen Westjordanland. Durch die massive israelische Besiedlungspolitik wurde ein Großteil des Westjordanlandes quasi annektiert und es ist mir schleierhaft, wie eine zukünftige Zweistaatenlösung noch möglich sein soll!! Hier wird die Weltöffentlichkeit von den Israelis und ihren Verbündeten mit einem Märchen getäuscht.

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Im Westjordanland gibt es israelische Kontrollpunkte an vielen Stellen. Palästinenser, die in einen anderen palästinensischen Ort fahren wollen, müssen solche Kontrollpunkte häufig passieren und wegen der israelischen Kontrollen, wissen sie nie wie lange die Fahrt von A nach B dauern wird. Manche Straßen im Westjordanland sind den israelischen Siedlern vorbehalten, damit diese schnell nach Israel zur Arbeit fahren können. Dies hier ist eine Zufahrt zu einer israelischen Siedlung auf palästinensischem Gebiet.

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Die Israelis haben auf palästinensischem Gebiet eine Schutzmauer gebaut, die an manchen Stellen mit solche Wachtürmen überwacht wird. Felder jenseits dieser Mauer können von den Palästinensern nicht bewirtschaftet werden. Ich frage mich, weshalb diese Mauer nicht auf der Grenze von 1948 steht? Dies ist quasi eine weiter Form Land unrechtmäßig zu annektieren.

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Hebron liegt etwa 30km südlich von Jerusalem im Westjordanland und ist eine der ältesten ununterbrochen bewohnten Städte der Welt. Etwa 200000 Palästinenser wohnen heute hier. 1967 wurde das zu Jordanien gehörende Westjordanland im Sechstagekrieg von den Israelis erobert. Ab 1968 haben sich illegale jüdische Siedler in und bei Hebron niedergelassen. Etwa 800 von ihnen leben in der Altstadt, die von der israelischen Armee gesichert wird. 1998 wurde Hebron offiziell in eine israelisch und eine palästinensisch kontrollierte Zone aufgeteilt. Hier sehen wir die Absperranlagen der Israelis zum Schutz seiner Siedler.

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Der palästinensische Basar liegt teilweise an der Grenze zur israelischen Zone - deshalb sehen wir hier einen israelischen Wachturm. Die Palästinenser haben ihre Basarstraße von oben mit Gittern geschützt, da die israelischen Siedler immer wieder Steine und Müll herab werfen.

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Die bedeutenste Sehenswürdigkeit in Hebron ist die Abraham-Moschee mit den Gräbern von Abraham, Isaak, Jakob und ihren Frauen. Abrahams Grab ist sowohl für Juden als auch Muslime ein heiliger Ort. Abraham gilt als Stammvater der Juden und Muslime. Um hierher zu gelangen, mussten wir in den israelisch kontrollierten Bereich überwechseln und einen stark bewachten Kontrollpunkt der israelischen Armee passieren. Im rechten Teil der Anlage befindet sich seit 1967 ein jüdischer Gebetsbereich mit Sicht auf Abrahams Grab.

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Die Abrahams-Moschee war ursprünglich eine von Kaiser Justinian errichtete Kirche, die über der Höhle Machpela erbaut wurde, in der Abraham und seine Familie bestattet wurde. Die Umgestaltung zur Moschee fand im 14. Jh. statt. Im Hauptbereich der Moschee stehen einige Schreine, Abrahams Mausoleum befindet sich in einem Nebentaum.

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Abrahams Mausoleum - das eigentliche Grab befindet sich unterhalb in der Höhle Machpela. Auf der linken Seite befindet sich der jüdische Gebetsbereich, der einen eigenen Zugang hat, so dass sich Juden und Muslime hier nicht begegnen können.

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Jüdischer Bereich - Juden studieren ihre Schriften. Das Studium der Thora und der anderen religiösen Schriften unterliegt im Judentum in erster Linie den Männern. Ultra-orthodoxe jüdische Männer verbringen die meiste Zeit des Tages mit Beten, Lesen und Auslegung der Schriften. Ihre Frauen sind verantwortlich für das Familieneinkommen, das Aufziehen der Kinder und den Haushalt.

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Blick auf Abrahams Mausoleum vom jüdischen Bereich.

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Hirtenfelder von Bethlehem - die Engel sind den Hirten erschienen und haben die Geburt Jesu verkündigt. Wir befinden uns hier auf den katholischen Hirtenfeldern der Franziskaner, andere christlichen Kirchen haben ihre eigenen. Rechts die Engelskapelle des italienischen Architekten Barluzzi mit Fresken der Verkündigung an die Hirten. Hinter dem Brunnen gibt es Höhlen, in denen die Hirten bei ihren Herden übernachtet haben. Heute werden sie als Kapellen benutzt.

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Geburtskirche in Bethlehem - der Eingang befindet sich hinten, links neben dem Bretterverschlag. Der Eingang, auch Demutspforte genannt, wurde später auf 1.20 erniedrigt, damit man nicht mit dem Pferd hinein reiten kann und sich jeder beim Eintreten verbeugen muss. Die heutige Basilika wurde vermutlich im 5. oder 6. Jh. errichtet. Der Geburtsort Jesu wird hier schon seit dem 2. Jh. verehrt. Die erste Kirche wurde im 4. Jh. von Kaiser Konstantin und seiner Mutter Helena erbaut. Aus dieser Zeit gibt es noch sehr schöne Bodenmosaike.

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Der griechisch-orthodoxe Hauptaltar, daneben gibt es noch Altäre anderer christlichen Kirchen.

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Unterhalb des Altarraums gibt es ein Gewölbe mit dem Geburtsaltar. Unter diesem Geburtsaltar befindet diese Stelle, die als Geburtsstelle Jesu verehrt wird. Die Gläubigen knien sich hier nieder, kriechen unter den Altar, um den Stern berühren oder küssen zu können.

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Die israelische Grenzmauer bzw. der Grenzzaun führt zu 80% über palästinensisches Gebiet und nur zu 20% auf der Grenzlinie von 1949. Dieser Teil der Mauer auf dem Foto schneidet quasi Teile von Bethlehem ab. Nach Interpretation der Israelis schützen diese Sperranlagen vor Selbstmordattentäter. Mit dem Bau wurde 2003 begonnen, 2004 erklärte der Internationale Gerichtshof, dass diese Anlagen gegen geltendes Völkerrecht verstoßen. Die Selbstmordattentate sind seither auf 0 zurückgegangen, nicht aber wegen der Sperranlagen, sondern weil heute die Palästinenser eingesehen haben, dass das keinen Sinn macht. Würden sie an Selbstmordattentaten festhalten, dann würden sie die israelischen Kontrollstellen in die Luft jagen. Nach palästinensischer Ansicht dienen die Sperranlagen allein dazu, Land zu annektieren und die unrechtmäßigen israelischen Siedlungen zu schützen. Die Berliner Mauer und die DDR-Grenzanlagen wurde auch gegen die Aggression des Westens und zum Schutz der ost-deutschen Bevölkerun gebaut, heute sind sie Geschichte.

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Zum Abendessen waren wir bei Frau Faten Mukarker, einer christlichen Palästinenserin, die in Deutschland aufgewachsen ist, zu Gast. Ihre Geschichte und Sicht der Dinge berührte uns alle. Trotz der palästinenserverachtenden Politik der Israelis hofft sie auf ein friedliches Nebeneinader. Es stellt sich für mich nur die Frage, ob sie für die Mehrheit der Palästinenser sprechen kann - wahrscheinlich nicht.
Frau Mukarker befindet sich häufig auf Vortragsreise in Deutschland und kann über folgende eMail-Adresse kontaktiert werden: faten_mukarker@hotmail.com. Sie ist auch Buchautorin und wer mehr über sie Wissen möchte sollte sie einfach googeln.

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Hier sehen wir wie Israel nach und nach ursprünglich palästinensisches Land annektiert hat. Grün steht für palästinensisches Land, weiß für israelisch besiedeltes Land. Ende des 19. Jh. entstand die zionistische Bewegung mit dem Ziel Emmigration von Juden nach Palästina. Bis 1946 gab es nur wenige jüdische Siedlungen. Sie lagen vor allem an der Mittelmeerküste und im Norden (1. Abb.). Die zweite Abbildung zeigt den Grenzvorschlag der UN von 1947. Abbildung 3 zeigt den Grenzverlauf nach der Proklamation des neuen israelischen Staates 1948. Israel hat sich mehr Land angeeignet als die UN vorgeschlagen hatte. Die vierte Abbildung zeigt die aktuelle Situation. Seit dem Sechstagekrieg 1967 hat Israel mit seiner Besiedelungs- und Besatzungspolitik den größten Teil des Westjordanlandes annektiert. Die Palästinenser haben kein zusammenhängedes Siedlungsgebiet mehr. Wenn sie z.B. Verwandte an anderen Orten besuchen oder zur Arbeit in einen Nachbarort fahren wollen, dann müssen sie damit rechnen, durch israelische Straßenkontrollen gegängelt zu werden. Diese Besiedelungspolitik und Landnahme hält immer noch an und es gibt keine Anzeichen, dass Israel damit aufhören möchte bzw. von den USA oder der EU gestoppt wird. USA und die EU unterstützen eine Zweistaatenlösung, die allerdings gar nicht mehr realistisch ist, wenn man die heutige Siedlungssituation sieht. Es ist nämlich nicht damit zu rechnen, dass Israel die besetzten Gebiete (ca 355 Siedlungen) wieder räumt und zehntausende Israelis wieder umsiedelt. Dies sollte eigentlich auch unseren Politikern klar sein. Ich frage mich, warum diese israelische Siedlungs- und Besatzungspolitik von unseren Politikern nicht vehement kritisiert und mit Sanktionen bedacht wird?

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Der obige Aufruf stammt von besorgten Juden und Jüdinnen.

Wenn Sie wissen möchten, wie ich über Israel und Palästina denke, dann lesen Sie hier weiter.